Vorwort

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Vorwort

Dr. med Ellis Huber

1987–1999
Präsident der Ärztekammer Berlin. 

Vorstandsvorsitzender des Berufsverbandes der Präventologen e.V.



praeventologe.de


Liebe Leserin, lieber Leser,

 

 Sie erhalten hier ein gutes Buch: es macht nachdenklich, regt an und auf, zeigt überraschende Einsichten, ist amüsant und kommt nicht mit dem Zeigefinger der Besserwisser daher. Es macht also frei, den eigenen Weg und innere Gelassenheit zu finden und das tut not in unserer heutigen Zeit. Unsere Welt ist aus den Fugen geraten und bringt uns durcheinander. Wir stecken nicht nur in einer Krise, wir erleben Polykrisen, sagen die Zeitungen. Angst und bang blicken wir auf die Geschehen. Unsere Ruhe ist dahin und nirgendwo gibt es Sicherheit. Unsere Gesellschaft irrt hin und her, das soziale Bindegewebe zerbricht. Es sei eine Zeitenwende sagen die Politiker. Panik macht sich breit, wenn ein Virus kommt. Ängste und Depressionen wachsen an. Orientierungslosigkeit herrscht vor. Feindselig und gespalten agieren die Akteure des sozialen Lebens. Was können wir tun gegen Hilflosigkeit und emotionale Not? 

 Christoph Barth träumt da, schlafend, wach und mutig. Wer keinen Mut zum Träumen hat, verliert die Kraft zum Leben. Daher freue ich mich über den gestalteten Trialog von Klaus, Klaudia und Christoph und suche auch selbst nach der inneren Weisheit, die unsere Seele, unser Herz und unser Empfinden zu schenken vermag. Ich träume gleich mit, Resonanzen tauchen auf und Erinnerungen regen sich. Ich liebe, ich denke, wir alle lieben den kleinen Prinzen von Antoine de Saint-Exupéry: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Die Weisheit der Seele schenkt uns Sinn für unser Sein. Habsucht führt ins Verderben. Ich höre beim Lesen die drei Personen sprechen. Klaus weiß, was er will, eben Geld und Macht. Klaudia weiß, was wirklich gut tut und uns lebendig macht. 

 Christoph findet zwischen Klaus und Klaudia Erkenntnis und Klarheit für sich. Ich denke dabei an „Die Lehren des Don Juan“. Carlos Castaneda brachte uns vor fünfzig Jahren damit auf Trapp. So reflektiert und lernt auch Christoph Barth in seinem Buch und mir fallen viele vergleichbare Lehrstücke ein.

 Ich erinnere mich sofort an eine Versammlung der „Freien Gesundheitsberufe“ in Kassel und höre die Stimme von Hans-Peter Dürr. Der Atom-Physiker und Nachfolger von Werner Heisenberg als Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik und Astrophysik in München war eine moralische Instanz – jenseits von Dogmen und Ideologien. Seine Rede machte uns allen Mut: „Ich habe nun vierzig Jahre meiner beruflichen Leidenschaft mit der Suche nach dem kleinsten Teil der Materie verbracht, um dann festzustellen, dass es das nicht gibt. Was die Welt im Innersten zusammenhält, ist eine geistige Kraft, wir könnten sie auch Liebe nennen.“ Bis zu seinem letzten Lebenstag im Mai 2014 setzte Hans-Peter Dürr sich dafür ein, dass wir Menschen alle Lebewesen lieben, unseren Lebensraum, die Erde achten und mit Ehrfurcht das Geschenk des Lebendigen respektieren. 

 „Liebe statt Valium“ beschreibt mein Konzept einer menschlichen Medizin. Der Patient ist Subjekt in seinem Leben, zur Freiheit und sozialen Verantwortung fähig und er heilt sich selbst. Die Ottawa-Charta der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Gesundheitsförderung postulierte 1986: “Gesundheit wird von Menschen in ihrer alltäglichen Umwelt geschaffen und gelebt: dort, wo sie spielen, lernen, arbeiten und lieben. Gesundheit entsteht dadurch, dass man sich um sich selbst und für Andere sorgt, dass man in die Lage versetzt ist, selber Entscheidungen zu fällen und eine Kontrolle über die eigenen Lebensumstände auszuüben sowie dadurch, dass die Gesellschaft, in der man lebt, Bedingungen herstellt, die all ihren Bürgern Gesundheit ermöglichen.“ Um das Wort „lieben“ gab es unter den Vertretern der Nationen heftigen Streit. Die Technokraten und Materialisten der Medizin wollen das nicht hören, für sie ist der Mensch ein Objekt für Kommerz und Abhängigkeit. Wir Menschen wissen aber aus unserem Inneren heraus sehr wohl, dass Liebe heilt und Gesundheit der Pflege bedarf. Hans-Peter Dürr war überzeugt, dass nur diejenigen Arten überleben, die nicht auf Kosten anderer leben und Natur und Menschen ausbeuten. Menschlichkeit ist das Ziel und lieben lernen die Aufgabe, wenn wir die Welt in Ordnung bringen wollen.

 Ich denke an den Psychoanalytiker Horst Eberhard Richter, der vielen Ärztinnen und Ärzten Orientierung schenkte, und an sein Buch „Der Gotteskomplex“. Der Größenwahn der Mächtigen im Kapitalismus zerstört die Menschlichkeit und die Natur. Kardinäle der Geldkirche, zu denen Klaus und die vielen „Klausis“ gehören, und der aktuelle Papst der Geldreligion, ein Amt, das Bill Gates gerne zugeordnet wird, propagieren eine Weltordnung in der sie alles beherrschen, die Menschheit steuern und die Erde als ihr Eigentum betrachten. Demut gegenüber dem Leben ist ihnen fremd. Sie sind etwas Besseres und benutzen Mensch und Natur als Objekt ihrer egoistischen Selbstherrlichkeit. 


Die kollektive Egozentrik unserer politischen Führungen entspricht, wie ich meine, einer sozialen Krankheit, die innere und äußere Hilflosigkeit mit Machtgebaren abwehrt und lebendige Kompetenzen für Leid, Mit-Leid, Mit-Sterben unter uns Menschen verloren hat. Zur Zukunft der Menschheit versammelte Horst-Eberhard Richter mal einen himmlischen Krisengipfel mit den großen Denkern der Geschichte. Sein Roman endet mit Albert Einsteins Botschaft: „So sehe ich für den Menschen die einzige Chance darin, dass er zwei ganz einfache Einsichten endlich praktisch beherzigt: dass sein Schicksal mit dem der Mitmenschen in allen Teilen der Erde unlösbar verbunden ist und dass er zur Natur und diese nicht ihm gehört.“

 Die Aufgabe für uns in der Jetztzeit lautet also: Sorgt für Mitmenschlichkeit und einen nachhaltigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen. Ordnet den Maßstab Geld und den Glauben an den Mammon künftig dem Maßstab Gesundheit und den humanistischen Werten unter. Bekämpft die Krankheiten der Profit- und Machtgier. 

Das Drama des modernen Kapitalismus und unserer verängstigten Gesellschaft erleben wir als verlorenes Vertrauen in die staatlichen Organisationen und der Unfähigkeit zu einem sozialen Verantwortungsgefühl, das den rücksichtslosen Eigennutz begrenzt. Der Psychoanalytiker und Sozialpsychologe Erich Fromm diagnostizierte schon vor fünfzig Jahren in „Haben oder Sein“ die kapitalistische Getriebenheit von Profit und Wachstum als Wurzel vieler Krankheiten: “Im Kapitalismus ist sich jeder selbst der Nächste. Das System belohnt Gier und Eigensinn und führt zur Abwertung von Bescheidenheit und Gemeinschaft. Dies treibt die sozialen Schichten auseinander.“ 

 Dem Glauben an das Geld und der Religion des Kapitals stellt auch Christoph Barth die Liebe zu den Menschen und zur Natur entgegen. Das ist seine Lehre: Geld misst nicht unseren Wert und unsere Bedeutung. Menschlichkeit und nachhaltige Ökonomie sind der richtige Maßstab. Klaudia unterstützt dieses Streben nach einer besseren Welt: „Je mehr Menschen ihren Potenzialen vertrauen und so die eigenen Talente zum Blühen bringen, desto mehr wird neues Bewusstsein auf der Erde entstehen.“ Für Klaus ist das ein Graus. Uns macht aber auch die Erkenntnis wach, dass wir alle etwas vom Klaus in uns tragen. Im kollektiv Unbewussten ringen immer böse wie gute Kräfte miteinander und beides gehört zu uns. Die Einsicht in unsere gegensätzlichen Impulse und Regungen macht tolerant. Es gibt verschiedene Weisheiten und jeder kann irren. Geld ist ein Mittel, aber nicht der Zweck, wenn uns das Sein wichtiger ist als das Haben. 

 Christoph erlebt seine Mitte zwischen Klaus und Klaudia. Wir gehen mit und träumen auch von einer besseren Welt. Sie ist möglich, aber nicht selbstverständlich. Und manche Erkenntnisse in diesem Buch müssen wir nicht teilen. Wir dürfen selbst denken und unseren Weg der inneren Weisheit finden. Die Religion des Geldes, die noch alles beherrscht, ist also keine Weltverschwörung von Klaus und Konsorten, sondern ein gemeinsamer Glaube in unseren Köpfen und in unseren Handlungsgewohnheiten. Dem Glauben an das Geld müssen wir alle abschwören. Diese Einsicht erst eröffnet die Chance zu einer neuen Weltordnung, die auf ein höheres Bewusstsein aller Menschen setzt und die Selbstsucht wie Unmenschlichkeit der Geld-Eliten überwindet. Die Traum-Trialoge in diesem Buch ermuntern uns zu einem wachen Traum, dass wir die Polykrisen überwinden können. Christoph Barth beschreibt seinen Weg zur inneren Weisheit und ich lese das mit innerer Dankbarkeit. Der Mut zum Träumen regt die Kraft zum Handeln an und daher wünsche ich dem Werk viele begeisterte und ermutigte Leserinnen und Leser.

 

 Ihr

 Ellis Huber


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